Gisela Hüllmann, 61 Jahre, aus Tornesch

Gisela Hüllmann hat eine Bürgerinitiative gegründet, Erfolge gefeiert und ist ein mutigerer Mensch geworden

Oft kommt es nicht vor, dass ein Zug den eigenen Namen trägt. Zumal wenn man quicklebendig danebensteht und zusieht, wie er eingeweiht wird. Gisela Hüllmann ist diese seltene Ehre zuteilgeworden. Sie hat die Bürgerinitiative (BI) „Starke Schiene im Kreis Pinneberg“ gegründet und der zusätzliche Pendlerzug von Tornesch nach Hamburg ist einer der Erfolge der BI. „Hüllmann-Express“ hat der Volksmund den Zug getauft und unter diesem Namen kennt ihn in Tornesch jedes Kind. Natürlich ist Frau Hüllmann ein bisschen stolz. Aber wichtiger ist für sie, was es in Tornesch noch alles zu tun gibt: drittes Gleis, mehr Zughalte, ein Fahrkartenautomat für Fernverkehr. Frau Hüllmann ist in der Spur.

Ein Eisenbahnfan ist sie schon immer. Als Kind ließ sie jede Puppe links liegen, wenn es eine Modellbahn zu bestaunen oder besser noch: zu bedienen gab. Auch die alte „Emma“, die bis Mitte der 1960er-Jahre zwischen Uetersen und Tornesch pendelte, ist Frau Hüllmann ins Gedächtnis gebrannt. Als kleines Mädchen die schwere, ächzende Lokomotive vorbeidonnern zu sehen – die Erinnerung lässt auch heute noch ihre Augen strahlen. Hamburg-Pendlerin war die gelernte Einzelhandelskauffrau dann jahrelang selbst, immer mit dem Zug, immer im Kreis Pinneberg, seit 34 Jahren in Tornesch. Insbesondere die Schneekatastrophe 1978 machte ihr deutlich: Ein funktionierender Zugverkehr im Hamburger Speckgürtel ist unerlässlich.

Den „Hüllmann-Express“
kennt in Tornesch jedes Kind.

Wer eine Bürgerinitiative gründet, braucht Gemeinsinn und ein Verantwortungsgefühl für die Gesellschaft. Nach früherem ehrenamtlichem Engagement gefragt, scheint ihr zunächst wenig einzufallen. Aber nur, weil sie ihre vielen Aktivitäten in Nebensätzen versteckt, etwa die Leitung einer kirchlichen Mutter-Kind-Gruppe. 2014 wird ihr klar: Bei der Tornescher Verkehrsanbindung muss etwas passieren. Den Tipp zur Gründung der Bürgerinitiative bekommt sie aus dem Rathaus. Im Bauausschuss soll sie ihr Anliegen vorbringen. Mit zitternden Knien steht sie vor dem Gremium, alle gucken ernst, keiner lacht. Da weiß sie, hier geht’s wirklich um was. Aber das Eis bricht schnell. Je zwei CDU- und SPD-Stadtvertreter kann sie für ihr Anliegen gewinnen – der „Hüllmann-Express“ rollt an.

In der „größeren Politik“ ist der Anfang schwieriger. Ein Termin auf Leitungsebene ist bei der Bahn nicht so einfach zu bekommen. Aber Frau Hüllmann und ihre Mitstreiter bleiben hartnäckig. Für den notwendigen Rückhalt sorgen 13.000 gesammelte Unterschriften, 10.000 hatte man angepeilt. Ein erster großer Erfolg: Post vom Staatssekretär. Er stehe dem Anliegen sehr positiv gegenüber. Von
da an öffnen sich immer mehr Türen. Das freundliche, kooperative – und nicht zuletzt parteiübergreifende – Engagement der Bürgerinitiative kommt an. Die Gesprächspartner hören zu. Und es wirkt: 23 zusätzliche Zughalte hat die BI für Tornesch herausholen können.

Mehr als drei Jahre auf Augenhöhe mit Landesvertretern und Verkehrsmanagern – hat das etwas mit Frau Hüllmann gemacht? Ja, die Schwellenangst sei weg. Aber nicht nur die. Insgesamt sei sie mutiger geworden. Frau Hüllmann nennt ein Beispiel. Von ihrem Haus aus könne man in 20 Minuten mit dem Fahrrad in Elmshorn sein. Der Haken: Die Strecke führt durchs Moor. Früher hätte sie sich das nicht getraut, heute ist das für sie kein Problem. So trägt ihr Engagement auch für sie persönlich Früchte. Ein gerechter Lohn für so viel Arbeit!