Annegret Ebsen-Diekert, 56 Jahre, aus Süderbrarup

Annegret Ebsen-Diekert liebt nicht nur Brot, sondern ist auch für ihr Leben gern Gastgeberin in ihrem Café im Bahnhof Süderbrarup

Wenn Annegret Ebsen-Diekert in ihrem Café steht und sich umschaut, kann man ihr ihren Stolz ansehen. Seit eineinhalb Jahren bewirtet „Ebsen’s Kaffeehaus“ im Bahnhofsgebäude in Süderbrarup Reisende, Anwohner und Genießer von nah und fern. Die freundliche Bäckermeisterin strahlt sowohl Gelassenheit als auch Tatendrang aus – und beides braucht sie auch, denn ihre Doppelrolle verlangt ihr einiges ab: frühmorgens den Sauerteig in ihre köstlichen Brote und Brötchen zu verwandeln, um dann am späten Vormittag im Café nach dem Rechten zu sehen.

Annegret Ebsen-Diekert hat sich sozusagen noch nie die Butter vom Brot nehmen lassen. Mit 21 Jahren stand sie als frischgebackene Meisterin vor der Herkulesaufgabe, die elterliche Bäckerei zu übernehmen. Auf einmal war die Jüngste im Betrieb die Chefin. „Wir geben ihr zwei Jahre!“ habe sie anfangs vereinzelt gehört, sagt Ebsen-Diekert lächelnd. Aber im Betrieb hätten alle zusammengehalten. „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – auch die älteren – haben mich als junge, unerfahrene Frau tatkräftig unterstützt.“ Das handwerkliche Backen hat sie in der Tradition ihrer Familie fortgeführt. Früher habe man viele der Rezepte nicht aufgeschrieben, die Zutaten und ihre Mengen seien in der Backstube mündlich weitergegeben worden. „Eine Schaufel davon, eine hiervon. Doch dann kam ich mit meinen kleineren Schaufeln. Um da nicht durcheinanderzukommen, habe ich lieber angefangen alles aufzuschreiben.“

Schon die erste Besichtigung
machte klar:
„Das ist mein Café!“

Zusammen mit dem Sauerteig reifte allmählich auch die Idee von einem eigenen Café – am liebsten mit Schleiblick. Im April 2018 kam der Anruf einer Freundin: „Annegret, ich habe den Bahnhof gekauft! Willst du dort ein Café eröffnen?“ – „Meine Reaktion war: Ich wollte doch Schleiblick!“ Aber die vermeintliche Notlösung entpuppte sich schnell als Volltreffer. Schon die erste Besichtigung machte Ebsen-­Diekert klar: „Das ist mein Café!“ In den vielen kleinen Räumen sah sie sofort gemütliche Sitzecken, jede mit einer besonderen Ausstattung, unter anderem ein Bahnabteil. Was folgte, war ein Sprint. Zwischen Entscheidung und Eröffnung lagen gerade einmal zwei Monate. Es wurde komplett renoviert und neu möbliert. Unter anderem stellte die Familie ihre eigenen Möbel in die neue Gaststube: „Wochenlang lebten wir in einer fast leeren Wohnung.“ Der volle Einsatz lohnte sich. Sofort war das Café gut besucht, begeisterte Gäste stellten weitere Möbel zur Verfügung und ein befreundeter Künstler zauberte eine lebendige Kaffeegesellschaft auf eine Wand.

Natürlich ist die Lage ein Segen. Am Wochenende lockt die Angelner Museumseisenbahn, die in Süderbrarup Station macht, viele Touristen an. Neben der örtlichen Stammkundschaft „verirren“ sich immer wieder Reisende in die Gaststube – ­und die sind von der Auslage ebenso begeistert wie von der Atmosphäre. Ebsen-Diekert erzählt gerne von zwei Herren, die sich jeden Sonntag in ihrem Café treffen, wobei der eine aus Flensburg, der andere aus Kiel anreist. Ebenfalls aus Flensburg kommt eine Kundin, die extra nach Süderbrarup fährt, um hier ihr Brot zu kaufen. „Sie mag ihr Brot gern etwas dunkler, deshalb lasse ich es für sie eine halbe Stunde länger im Ofen. Aber so individuell kann ich natürlich nicht für alle Kunden backen“, sagt Annegret Ebsen-Diekert lachend und man ahnt: Hätte sie die Zeit, würde sie es machen.