Wie geht es weiter nach dem 9-Euro-Ticket? Drei Fragen an NAH.SH-Chef Dr. Arne Beck.

Das 9-Euro-Ticket ist auf eine große Nachfrage bei Fahrgästen gestoßen. Was ist Ihr Fazit aus dem verkehrspolitischen Experiment?
Wir haben diese immense Herausforderung unter dem Strich sehr gut gestemmt, obwohl das in diesem Sommer alles andere als einfach war, gerade durch die aufgrund der Pandemie angespannte Personalsituation. Deshalb bin ich allen Beteiligten sehr dankbar für ihren enormen Einsatz! Aber die Ticketaktion hat auch die Kapazitätsgrenzen unseres Nahverkehrs und seine Schwachstellen deutlich gemacht.

Ist das „Ein-Ticket-für-alle“-Modell denn die Lösung?
Der Ansatz, das Ticketing drastisch zu vereinfachen, ist grundsätzlich erstmal richtig. Die Beliebtheit des 9-Euro- Tickets beruhte ja nicht nur auf dem Preis, sondern auch auf seiner Einfachheit. Dazu zählte die einheitliche Gültigkeit im ganzen Bundesgebiet und die pauschale Gültigkeit und die pauschale Nutzung der gesamten Palette der ÖPNV-Verkehrsmittel. Aber die Diskussion über den Preis greift zu kurz.

Was muss nun der nächste Schritt sein?
Ein Billigticket allein macht noch keine Verkehrswende. Denn was nützt mir ein günstiges oder gar kostenfreies Ticket, wenn in meinem Dorf kein Bus fährt oder an meiner Bahnstation die Züge immer zu voll sind? Bevor wir uns in einer Debatte über Ticketpreise verzetteln, sollten wir uns auf den Kern des Themas konzentrieren: den Ausbau des Nahverkehrsangebots, das ist das Entscheidende. Wir brauchen vor allem mehr Personal, mehr Verbindungen und Strecken, engere Takte, größere Flotten und On-Demand-Angebote im ländlichen Raum. Das bedeutet aber, dass sehr viel mehr Geld in den Angebotsausbau investiert werden muss, vor allem vom Bund. Dafür setzen wir uns als NAH.SH ein, denn: Erst muss das Angebot da sein, dann das neue Ticket – nur so können wir dauerhaft Menschen überzeugen, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.