Tadhg Ó Corcora,
37 Jahre, aus Kiel

Der Meeresbiologe Tadhg Ó Corcora arbeitet in einem Forschungs­team, das an der Ostseeküste Seegraswiesen ansiedelt.

Tadhg Ó Corcora liebt das Meer, seit er sich erinnern kann. „Als ich ein Kind war, haben wir mit der Familie oft Sommerurlaub im Südwesten Irlands gemacht.“ Besonders angetan hatten es ihm die „rock pools“, die zahlreichen kleinen Felsbecken in der zerklüfteten Küstenlandschaft. Sie beherbergen eine einzigartige ­Pflanzen- und Tierwelt, weil sich durch das hineinschwappende Meerwasser die Bedingungen immer wieder ändern. „In einem Pool war eine Felswand, auf die ständig die Brandung des Meeres aufschlug. Das war das Beeindruckendste, was ich bis dahin gesehen hatte.“

Als wir Tadhg treffen, macht er es uns sofort leicht: „Meinen Namen spricht man ‚Teig‘, wie in ‚Pizzateig‘.“ Der Ire arbeitet in der Forschungsgruppe „Marine Evolutionsökologie“ am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er empfängt uns im Taucheranzug, denn er ist erst wenige Minuten zuvor vom letzten Tauchgang des Tages zurückgekommen. Tadhg pflanzt mit seinem Team Seegras. Zusammen mit anderen Partnern wie dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel und der Universität Greifswald verfolgen die Kieler Wissenschaftler*innen das Ziel, an der deutschen Ostseeküste Seegraswiesen anzusiedeln – und zwar als Beitrag zum Klimaschutz. „SeaStore“ heißt das Projekt und ­Tadhg Ó Corcora ist davon begeistert: „Seegras speichert pro Quadratmeter dreißig- bis fünfzigmal mehr Kohlenstoff als der Regenwald“, erklärt er. Dazu kommen weitere positive Effekte: „Seegras fördert die Biodiversität, weil sich mehr Tiere ansiedeln können. Es zieht Schwebstoffe aus dem Wasser, die dann auf den Boden absinken. Das verbessert die Wasserqualität und stabilisiert den Boden. Und Seegras verringert die Wasserbewegung, reduziert also die Erosion des ufernahen Meeresbodens.“

„Umweltschutz ist eine Gesellschaftsaufgabe.“

Doch zurück zu den Anfängen: ­Tadhg Ó Corcora folgt seiner jugendlichen Leidenschaft und studiert Meeresbiologie. Nach dem Abschluss ist es schwierig, in Irland einen Job zu finden. Tadhg schließt sich ehrenamtlich einer nichtstaatlichen Organisation an, die Moore restauriert, damit der gespeicherte Kohlenstoff nicht freigesetzt werden kann. Eine prägende Aufgabe, widmet er sich doch seitdem in seinem Berufsleben wesentlich dem Klimaschutz. 2016 untersucht er auf den Philippinen, wie sich das Verhalten von Tieren mit der Wassertiefe verändert, und lässt sich nebenbei zum professionellen Taucher ausbilden. Als Tadhg 2019 nach Kiel zieht, lernt er Thorsten Reusch kennen. Ein Glücksfall: Der Professor am GEOMAR holt ihn in seine ­Forschungsgruppe.

Nun geht es also um Seegras. Zurzeit werden die Setzlinge bei Kiel und Maasholm in den Meeresboden gebracht, entweder 8 oder 16 Stück pro Quadratmeter, allein im Juni insgesamt 12.000. 75 Prozent überleben die ersten Tage und treiben später, wenn es optimal läuft, auch viele Ableger aus. Parallel ernten Tadhg und seine Kolleg*innen zum ersten Mal Samen, in der Hoffnung, damit noch schneller und wirkungsvoller Seegras verbreiten zu können. Außerdem gibt es noch viele offene Fragen, die es zu erforschen gilt. „Es ist zum Beispiel schwer zu sagen, warum sich Seegras an einer Stelle ansiedelt oder bestehen bleibt und an einer anderen nicht.“ Deshalb müssen die Wiesen unter Beobachtung bleiben. Er setzt auf „citizen science“, also die Mithilfe von interessierten Bürger*innen: „Wenn jemandem auffällt, dass sich Seegraswiesen bilden oder irgendwo kleiner werden, freue ich mich über eine E-Mail an tcorcora@geomar.de.“ Denn eins ist für Tadhg klar: Umweltschutz ist eine Gesellschaftsaufgabe.