Agathe Stralla und Benjamin Schon,
38 Jahre und 37 Jahre, aus Schilksee

Agathe Stralla und Benjamin Schon sind ein Paar, das die Leidenschaft fürs Imkern teilt und dabei einen ­wichtigen Beitrag zu Naturschutz und Bildung leistet

Für Agathe Stralla und ihren Partner Ben Schon ist heute ein Tag der Gewissheit – die entscheidende Frage: Haben ihr Bienenvolk und seine Königin die Winterruhe unbeschadet überstanden? Beide legen ihre Schleier zum Schutz vor Stichen an, um den Bienenstock an der Staatskanzlei in Kiel zu öffnen. Zur Ablenkung räuchern sie die Bienen ein. Sie nutzen dabei einen jahrtausende­alten Reflex der Insekten. Denn der Rauch täuscht einen Feuerausbruch vor, woraufhin sich die Insekten die Bäuche schnell mit ihren Futtervorräten vollschlagen, um für eine Flucht vorbereitet zu sein. Vor allem aber entspannt das die Bienen, so die Imker-Erfahrung. Agathe und Ben nutzen diesen Moment, um die einzelnen Waben vorsichtig aus der sogenannten Beute zu ziehen, der Behausung der Bienen. Sie begutachten die Waben genau und halten gebannt Ausschau nach der Königin. Deutlich größer als die übrigen Bienen, ist sie sofort erkennbar. Beim Anblick des wuseligen Treibens ihrer summenden Schützlinge erkennt man die Freude in den Gesichtern der beiden, doch bei jeder weiteren herausgezogenen Wabe macht sich Skepsis breit. Die letzte Wabe bringt Gewissheit: Die Königin ist in den letzten Monaten gestorben. Damit ist dieses Volk dem Untergang geweiht, denn nur die Bienenkönigin legt Eier und sorgt somit für den Nachwuchs des Volkes.
Die Enttäuschung ist spürbar, denn das Wohl ihrer Bienen liegt Agathe und Ben sehr am Herzen. „Damit muss man leider rechnen“, reagiert Agathe Stralla jedoch gefasst auf die heutige Erkenntnis. „Etwa 20 Prozent der Bienenvölker in Deutschland überstehen den Winter nicht“, sagt sie, und ihr Partner fügt hinzu: „Wir als Imker kümmern uns nun darum, das zurückgelassene Bienenvolk auf andere Völker aufzuteilen. Würden wir das Volk seinem Schicksal überlassen, könnten sich Krankheiten ungehindert ausbreiten und auf andere Völker übergehen.“

 

„Wir sind häufig an Brennpunktschulen und stellen fest, wie gut
es den Kindern tut, Natur zu erleben.“

Sie pflegen weitere Völker an insgesamt fünf Standorten in Kiel, bei denen die königinnenlos gewordenen Bienen nun ein neues Zuhause finden werden. Die studierte Kunsthistorikerin Agathe Stralla ist 2007 über ihren Vater zum Imkern gekommen, vor etwa drei Jahren kam Ben dazu, als die beiden ein Paar wurden. Heute betreiben sie „Ben und Aggie’s Cityhoney“ – eine Imkerei, die den Fokus auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung legt. Eine offizielle Berechtigung zum Imkern braucht Ben nicht. Mit einer Anfängerschulung und der Anbindung an den Orts- und Kreisimkerverein Kiel hat er sich das nötige Rüstzeug dafür geholt. Auch eine strikte Anleitung gibt es nicht. „Man sagt: Zehn Imker, elf Meinungen“, so Agathe. Dennoch halten sich gewissenhafte Imker*innen an das vielfältige Wissen über Bienen, das der Landes­verband in der „Segeberger Betriebsweise“ für die Imkerei in Schleswig-Holstein zu Papier brachte.

Für die Bezeichnung Honig gilt klipp und klar: Kein zusätzliches Aroma darf hinzugefügt oder etwas entnommen werden – sonst ist es kein Honig! Doch die süße Essenz ist für das Paar nicht der einzige Lohn ihrer Arbeit. „Wir haben große Freude daran, Wissen über das Thema Bienen zu vermitteln“, erklärt Ben Schon, der hauptberuflich als Erzieher in der Jugendhilfe arbeitet. „An Brennpunktschulen stellen wir fest, wie gut es den Kindern tut, Natur zu erleben und Ängste gegenüber Bienen, aber auch Wespen und anderen Insekten abzubauen.“ An das dadurch gewachsene Selbstbewusstsein der Kinder denken die beiden Botschafter der Bienenvölker nur zu gern, wenn sie in einer verdienten Imker-Pause vor ihrem Bulli am Campingkocher sitzen und von den vorbeifliegenden Insekten mit einem freundschaftlichen Moin gegrüßt werden.