Jan Petersen, 50 Jahre, aus Kiel

Das kosten-und werbefreie Online-Archiv Kunst@SH ist zu finden unter www.sh-kunst.de.

Jan Petersen reist kreuz und quer durch den Norden und dokumentiert Kunst im öffentlichen Raum. Auf seiner Website hat er bisher 3.200 Kunstwerke porträtiert.

Wenn Jan Petersen über den Campus der Fachhochschule Kiel spaziert, bewegt er sich sowohl „back to the roots“ als auch durch eine lebendige Gegenwart. Als er hier in den Neunzigern Sozialpädagogik studierte, wartete der Campus noch mit dem kargen Charme einer Industriebrache auf. Aber Ende der Neunziger fing die FH an, das Gelände nach und nach mit Kunstwerken zu bestücken – heute sind es fast 800. Auch bei Jan Petersen entflammte damals die Liebe zur Kunst. Wie wäre es, all diese Objekte zu erfassen und ihre Vielfalt zu dokumentieren? Diese Idee ist über Jahre in ihm gereift und gewachsen. 2015 schreitet Petersen, inzwischen Diplom-Medienwissenschaftler und Inhaber einer Kommunikationsagentur, zur Tat: Kunst@SH geht unter www.sh-kunst.de online. Schon bald reicht ihm die Kunst im Kieler Stadtgebiet nicht mehr. Ausgerüstet mit Kamera und zwei Objektiven, dehnt er seine Reisen über ganz Schleswig-Holstein und schließlich sogar nach Hamburg aus – mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wo immer es geht. „Mir macht die Herausforderung Spaß, ein Kunstwerk so gut wie möglich einzufangen und dabei auch Hindernisse zu bewältigen. Menschen, Licht, störende Gegenstände, mit all dem muss ich umgehen. Ich will vermeiden, hinterher Elemente rauszuretuschieren. Manchmal hat man auch Glück. Da denkt man: Dieser Hund stört. Doch dann schaut er in die Kamera und das Foto wird super!“ 3.200 frei zugängliche Kunstwerke in Schleswig-Holstein und Hamburg hat Petersen mittlerweile recherchiert, aufgesucht, fotografiert, beschrieben und dazu kurze Künstlerbiografien verfasst. Eine unglaubliche Menge, wenn man bedenkt, dass er die Website im Alleingang betreibt. Er will den Blick auf all die Schönheit und Kultur lenken, an der man im Alltagsstress so leicht achtlos vorübergeht: „Kunstwerke im öffentlichen Raum tragen dazu bei, Orte lebenswerter zu machen.“ Den Ursprung, die Kunst auf dem FH-Campus, hat Petersen dabei nicht aus den Augen verloren – 60 der 800 Objekte haben sich einen einzelnen Eintrag verdient, darunter auch drei seiner eigenen Arbeiten.

„Kunstwerke im öffentlichen Raum tragen dazu bei, Orte lebenswerter zu machen.“

Um Objekte aufzuspüren und Informationen über die Künstler*innen zu gewinnen, durchforstet Jan Petersen Kunstverzeichnisse und Zeitungsarchive, nimmt Kontakt mit Angehörigen verstorbener Kunstschaffender auf oder wendet sich an lokale Kulturverantwortliche. Seine Dokumentationsarbeit und seine gute Vernetzung haben übrigens auch einen kuriosen Nebeneffekt. Wird einmal ein Kunstwerk gestohlen, bittet die Polizei ihn um Bildmaterial zur Wiedererkennung. „Als in Bad Segeberg der Hahn der Goldmarie gestohlen wurde, konnte die Polizei ihn auf einem Foto in einer Facebookgruppe identifizieren. Dort sah man das bronzene Tier auf dem Beifahrersitz eines Autos liegen.“ Jan Petersen schenkt der Öffentlichkeit einen riesigen Katalog ständig frei zugänglicher Kunst. Ihm selbst beschert die Arbeit daran bereichernde Begegnungen, Bekanntschaften, ja sogar Freundschaften: Peter Nagel etwa, einer der prominentesten Künstler*innen aus Schleswig-Holstein. Er bat Petersen ausdrücklich darum, zwei seiner Bilder in das Archiv aufzunehmen, obwohl sie für die Öffentlichkeit nur eingeschränkt zugänglich sind – eines hängt im Wirtschaftsministerium, eines im Schulzentrum in Kiel-Mettenhof. Die Ausnahme wurde gern gewährt. Eine andere Begebenheit: Eines Abends wollte Jan Petersen die beleuchtete Skulptur „Kubus-Balance“ auf dem Bunker des FH-Geländes fotografieren. „Auf einmal erlöschen die Scheinwerfer, nur um gleich darauf wieder aufzuleuchten. Kurz darauf spricht mich ein Mann an: Was ich hier wolle. Es stellte sich heraus, dass es der FH-Kanzler war, der die Außenbeleuchtung mit seinem Smartphone steuern konnte. Als ich ihm erzählt habe, wofür ich die Fotos mache, war er begeistert. Aus dieser Begegnung hat sich eine andauernde Freundschaft entwickelt.“